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  • Writer's pictureAdriana und Alfred Mettler

Atlanta: Build it and they will come

«They did not know it was impossible, so they did it.» (Mark Twain)



Atlanta, die sogenannte Hauptstadt des Südens (»Capital of the South«), ist eine der zehn größten »Metropolitan Areas« der USA, in etwa gleich groß wie Washington, Miami oder Philadelphia. In den letzten Jahrzehnten wurden die Stadt und ihre Umgebung zu einem Anziehungspunkt für Firmen und Menschen – das Wachstum ist bemerkenswert.

Atlanta ist – falls überhaupt – bekannt dafür, dass die Stadt im Civil War eine unrühmliche Rolle spielte und am Ende von General Sherman niedergebrannt wurde, dass Coca Cola von Atlanta aus seinen Siegeszug um die Welt angetreten hat, dass der berühmte Roman »Vom Winde verweht« in Atlanta spielt oder dass CNN dort gegründet wurde. Aber Atlanta hat kaum touristische Sehenswürdigkeiten, sein Downtown ist nur noch ein Schatten vergangener Zeiten, und als weit auseinandergezogene Stadt, bestehend aus verschiedenen »Inseln«, ist man stets auf ein Auto angewiesen.

Aber: Atlanta hat den amerikanischen Slogan »Build it and they will come« einmalig konsequent verfolgt. In der Stadtregierung war man sich immer bewusst, dass ein großer, vernetzter, gut funktionierender Flughafen entscheidend ist, um Firmen und Menschen anzulocken. Schon in den fünfziger Jahren galt Atlanta zeitweise als derjenige Flughafen mit den meisten Passagierbeförderungen. Aber man ruhte sich nie auf den Loorbeeren aus (eigentlich ziemlich untypisch für den U.S. Süden), sondern baute konsequent weiter: riesige Erweiterung Ende der siebziger Jahre mit vier parallelen Pisten; neuer internationaler Terminal 1994, gerade rechtzeitig für die Olympischen Spiele; Piste Nr. 5 wurde 2001 errichtet, womit gleichzeitig drei Flugzeuge landen und zwei starten konnten; 2015 erster Flughafen weltweit, der über 100 Millionen Passagiere im Jahr beförderte. Und nun verspricht ein Masterplan für die nächsten 20 Jahre weitere riesige Investitionen. Kein Wunder gilt im Süden der Slogan: »When you die, whether you’re going to heaven or hell, you will have to connect through Atlanta«.

Das zweite wichtige Element in der Stadtentwicklung waren die Olympischen Spiele, welche die Stadt im Jahre 1996 höchst erfolgreich durchführte. Die Kandidatur war innerhalb des amerikanischen Olympischen Komitees umstritten, und Atlanta ging schließlich als klarer Außenseiter in das Finale um die Zuteilung. Für die Stadt aber war es ein absolut zentrales Projekt, das breite Unterstützung genoss und minutiös vorbereitet wurde. Zur allgemeinen Überraschung erhielt die Stadt am Ende den Zuschlag, wobei sich bis heute verschiedene Legenden und Verschwörungstheorien darum ranken, was wohl alles im Hintergrund orchestriert worden sei. Einerseits wurde kolportiert, dass Coca Cola massiv bei den entscheidenden Stellen lobbyiert, insistiert und sonstwie nachgeholfen habe. Andererseits beschuldigte das deutsche Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» das Atlanta-Organisationskomitee unverblümt der Bestechung von IOC-Funktionären, und spekulierte sogar über Beträge und Begünstigte (als ehemalige Atlantaner würde uns diese Variante tatsächlich nicht sonderlich erstaunen).

Wie auch immer es gewesen sein mag, sicher war eine Portion Schlitzohrigkeit von Seiten Atlantas dabei. Aber man zählte auf die Magnetwirkung der Spiele und ließ auch gar nichts aus, um den Zuschlag zu erhalten. Billy Paine, der damalige Präsident des Atlanta-Organisationskomitees, verteidigte das Vorgehen im Nachhinein so (man muss sich den nachfolgenden Satz auf der Zunge zergehen lassen, da war die Kommunikationsabteilung in absoluter Hochform): »Atlanta’s bidding effort included excessive actions, even thought processes, that today seem inappropriate but, at the time, reflected the prevailing practices in the selection process and an extremely competitive environment.« – »Atlanta’s Be- mühungen im Rahmen der Kandidatur beinhalteten auch extreme Maßnahmen und Überlegungen, die heute eher unangebracht erscheinen mögen. In der damaligen Zeit entsprachen sie aber den üblichen Methoden während des Auswahlverfahrens, und dies in einem extrem kompetitiven Umfeld.« – Da kann man nur sagen: »Hmm, well done, Billy, und Glück gehabt, Atlanta.«

Und die Moral von der Geschichte: Erstens, man muss etwas tun, damit nachher etwas läuft. Oder eben: »Build it and they will come«. Die ständige Weiterentwicklung des Flughafens machte Atlanta zu einem »Business Hub«, was zu einem andauernden star- ken Wachstum führte. Die Olympischen Spiele generierten hohe Investitionen in die Infrastruktur, von einer (zwar einfachen, aber einige der wichtigsten Punkte verbindenden) Subway über eine Sportarena bis hin zu künftigen Wohnungen für Studierende.

Zweitens, wenn man die großen Entscheidungen richtig fällt, dann kann man in den kleinen durchaus etwas nachlässiger sein. In Atlanta laufen viele Dinge nicht ganz rund, schließlich ist es eine Südstaaten-Stadt mit einer eher problematischen Vergangenheit und nach wie vor nicht immer gefestigten Strukturen. Korruption, Segregation, politische Mauscheleien, Begünstigungen, ungelöste Verbrechen, all das gehört auch dazu. Für Atlanta sind das untergeordnete Probleme, solange die großen Züge stimmen. »We built it and they came!«

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